Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen
[cookie_statcounter]

Frauen in der Mathematik: Emmy Noether

Emmy Noether (1882-1935) [Public domain] via Wikimedia Commons

Traditionell waren Mathematik, Naturwissenschaften und technische Fächer eine Domäne der Männer, und dies ist bis zu einem gewissen Grad auch heute noch so. Laut dem Bildungsbarometer der Region Süddänemark waren 2018 62 % der Lernenden bei der allgemeinen gymnasialen Ausbildung weiblichen Geschlechts, bei den Leistungskursen im Bereich Physik betrug dieser Anteil jedoch nur 35 %, im Bereich Chemie 58 % und im Bereich Mathematik 56 %. Wenn wir uns die Hochschulbildung in den sogenannten MINT-Fächern ansehen, also Naturwissenschaften, Technik und IT, wird noch deutlicher, dass sich weit weniger Frauen als Männer für ein naturwissenschaftliches Studium entscheiden. Nach Angaben von KOT (Den Koordinerede Tilmelding) nahmen 2018 4.827 Frauen und 9.822 Männer an den MINT-Programmen in Dänemark teil, während es bei den anderen Programmen 32.043 Frauen und 18.251 Männer waren. In Deutschland sehen wir das gleiche Bild. Laut einem Artikel im Handelsblatt vom 26.03.2018 wurden im Studienjahr 2016/2017 rund 198.000 Frauen zu MINT-Studiengängen zugelassen – bei den Männern waren es doppelt so viele.

Die Geschichte ist voller Beschreibungen von Männern, die einen Beitrag zur Entwicklung der Mathematik geleistet haben. Im Gegensatz dazu sind Berichte über Mathematikerinnen spärlich gesät. So verlieh zum Beispiel die Norwegische Akademie der Wissenschaften den Abelpreis, im Volksmund als „Nobelpreis für Mathematik“ bekannt, zum ersten Mal 2019 an eine Frau: Karen Keskulla Uhlenbeck von der Universität Texas in Austin, USA. 1990 war Karen Keskulla Uhlenbeck die Hauptrednerin beim Internationalen Mathematikerkongress in Japan (Kyoto), dem weltweit wichtigsten Kongress von Mathematikern, und damit die zweite Frau in der Geschichte, der diese Ehre zuteilwurde. Die erste weibliche Hauptrednerin war 1932 die deutsche Mathematikerin Emmy Noether (1882-1935). Die Geschichte von Emmy Noether zeigt, wie schwierig es für Frauen sein kann, sich in der Mathematik zu behaupten. Es heißt, dass Einstein sie zu den kompetentesten Mathematikerinnen der Welt zählte.  Trotz dieser Anerkennung stieß sie aufgrund ihres Geschlechts in der Welt der Mathematik auf zahlreiche Vorurteile. Emmy Noether stammte aus einer renommierten deutschen Mathematikerfamilie. Ihr Vater Max war Professor für Mathematik an der Universität Erlangen in Bayern.  Trotz ihres offensichtlichen mathematischen Talents wurde ihr zunächst die Zulassung zum Universitätsstudium verweigert. Nachdem sie gegen alle Widerstände schließlich doch in Mathematik promoviert hatte, konnte sie keine Anstellung an einer Universität erhalten. Aber trotz fehlender Anstellung und Titel wurde sie innerhalb kurzer Zeit zu einer der weltweit führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Mathematik, das sich mit Symmetrie befasst. Dieser Bereich ist äußerst komplex und einfach zugleich. Kurz gesagt bezeichnet man mit Symmetrie die Eigenschaft mancher geometrischer Formen, nach einer bestimmten Transformation (z. B. Drehen und Verschieben) unverändert, also symmetrisch zu erscheinen. Beispielsweise ein Kreis: Wir können ihn mehrmals drehen und er sieht dennoch aus wie zuvor.

Emmy Noether ist insbesondere für das „Noether-Theorem“ aus dem Jahr 1915 bekannt. Es besagt, dass jegliche Symmetrie einen Erhaltungssatz zur Folge hat. Dieses Theorem revolutionierte die Physik, da es einen praktischen Ansatz für neue Einblicke in die Physik bietet: Identifiziere eine Symmetrie, und der zugehörige Erhaltungssatz ermöglicht aussagekräftige Berechnungen. Wenn sich ein physikalisches Gesetz unter bestimmten Prozessen nicht ändert, liegt während dieses Prozesses Symmetrie vor: Das physikalische Gesetz ändert sich im Laufe der Zeit nicht und bleibt daher bestehen. In der Physik haben die Erhaltungssätze eine ganz besondere Stellung, sie gehören zu deren Kernbereichen. Nahezu alle wichtigen physikalischen Gesetze umfassen eine Aussage zur Erhaltung. So besagt das 1. newtonsche Gesetz, dass ein Körper, der sich in Bewegung befindet, in Bewegung bleibt, während ein Körper in Ruhe in Ruhe bleibt. Dieses Gesetz beschreibt, dass der Impuls der physischen Größe, der aus der Masse des Körpers multipliziert mit seiner Geschwindigkeit besteht, erhalten bleibt. Wir können den Zusammenhang zwischen diesem Erhaltungssatz und der Symmetrie an einem einfachen Beispiel veranschaulichen. Stellen wir uns dafür einen Eishockey-Puck auf einem sehr großen und zugefrorenen See vor. Wir setzen den Puck mit einem Schlag in Bewegung. Während sich der Puck bewegt, ist der See der gleiche und es liegt Symmetrie vor. Wenn keine Reibung zwischen dem Puck und dem See vorhanden ist, wird der Puck seine Bewegung fortsetzen. Das Erhaltungsgesetz gilt jedoch nur, solange Symmetrie besteht. Ein Loch im Eis unterbricht die Symmetrie und bewirkt, dass der Puck auf dem Grund des Sees landet und dort zur Ruhe kommt – und gegen das 1. newtonsche Gesetz verstößt.

Bei Hitlers Machtübernahme 1933 musste Emmy Noether ihre mathematischen Arbeiten in Deutschland einstellen, da sie sowohl jüdischer Herkunft als auch politisch aktiv war. Mithilfe der Rockefeller Foundation fand sie eine Stelle am Bryn Mawr College in Pennsylvania, USA, das eine lange Tradition in der mathematischen Forschung hatte. Dies ermöglichte es Emmy Noether, ihre mathematischen Forschungen bis zu ihrem Tode im Jahr 1935 fortzusetzen. Anlässlich des Todes von Emmy Noether schrieb Einstein: „Fräulein Noether war das bedeutendste kreative mathematische Genie seit der Einführung der höheren Bildung für Frauen.“

Gib den ersten Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert