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Leitartikel: Abseits der Mathematik

Die Mathematik ist eine der wesentlichsten Triebfedern von Wissenschaft und Technik — wobei Mathematikbegeisterte gern auf den besonderen Status der Mathematik als eine Art universeller Sprache verweisen, die zur fachübergreifenden Kommunikation zwischen den Wissenschaften genutzt und aufgrund ihrer Abstraktion und Einheitlichkeit über kulturelle Grenzen hinweg verstanden und eingesetzt werden kann. Die Mathematik wird als eine besonders ‘reine’ Form der Erkenntnis hervorgehoben.

Um solche Reinheit geht es in dieser Ausgabe von MatOnline allerdings nicht unbedingt. Vielmehr thematisieren wir hier eher Aspekte abseits der Mathematik. Wir widmen uns etwa der Frage, wie die Reinheit der Mathematik im Hinblick auf ihre Anwendungen problematisiert werden kann, und wie sich die Mathematik in verschiedenen Kulturen unterscheidet. Ist es zum Beispiel wichtig, dass Mathematiker/innen (auch) dafür ausgebildet werden, beurteilen und werten zu können, wie und wofür ihr Fach genutzt wird? Schließlich werden Mathematische Modelle im gesellschaftlichen Diskurs und in der Öffentlichkeit auch gern mal zu gewichtigen rhetorischen Instrumenten, die zur Unterstützung bestimmter Governance- und sonstigen politischen Agenden eingesetzt werden. Ein aktuelles Beispiel hierfür aus Dänemark ist die Rolle, die eine besondere mathematische Visualisierung in einem Großteil der Pressekonferenzen der dänischen Regierung während der Corona-Pandemie spielte. Bei der Kommunikation unter Zuhilfenahme mathematischer Modelle können sowohl ethische als auch politische Aspekte eine Rolle spielen. Mathematische Modelle werden zum Mittel von und zu Fixpunkten in der öffentlichen Kommunikation. Viktor Rohr widmet sich diesem Aspekt in seinem Beitrag „Mathematik und Ethik“, in dem er thematisiert, wie die Mathematik sowohl zur Beendigung als auch zur Auslösung eines Krieges eingesetzt werden kann, und in dem er auch die Nützlichkeit von Modellen erörtert, die einerseits dazu dienen können, komplizierte Sachverhalte auf eine einfache Weise zu erklären, andererseits aber auch zu Manipulationszwecken genutzt werden können. Denn auch wenn die einzelnen Zahlen eines Modells nicht diskutierbar sind, kann das Modell gleichwohl durchaus unterschiedlich gelesen werden und somit zu verschiedenen Interpretationen führen.

Um Ähnliches geht es auch in dem Beitrag von Helle Lykke Østerby über eine bestimmte Art von Aufgaben: Which One Doesn’t Belong? (WODB) oder auf Deutsch: Welcher passt nicht dazu? „Manche Leute meinen, in der Mathematik gehe es immer um die Suche nach der einen richtigen Antwort“, schreibt Helle und fährt fort: „Aber es gibt viele mathematische Aufgaben und Konstellationen, für die es viele verschiedene Antworten auf dieselbe Frage gibt“.

Die Lösung von WODB-Aufgaben liegt tatsächlich weitgehend im Auge des Betrachters. Da gibt es nicht die eine richtige Lösung oder Antwort, und gerade diese Aufgaben verdeutlichen ganz illustrativ, wie sehr die eigene Weltanschauung die Interpretation dessen, was man sieht, beeinflusst. Viel Spaß mit dem Beitrag von Helle, der noch weitere unterhaltsame und nachdenkenswerte Beispiele für WODB enthält.

Wenn wir das Klassenzimmer betreten, wo Kinder und Jugendliche das Verstehen und Anwenden von Mathematik erlernen sollen, was ist dann am wichtigsten bei unserer Bewertung, was sie gelernt haben und wie gut sie geworden sind? Eine messbare Einheit und ein paar Zahlen, die die wir mit einer Doppelunterstreichung versehen können, damit wir zwischen Schülern, Schulen und Ländern vergleichen können? Oder doch eher eine Beurteilung, die auf einer Interpretation der Lebensumstände des einzelnen Schülers in seinem jeweiligen Umfeld beruht? Im Beitrag von Natasha Sterup lesen wir, dass es dabei nicht um ein Entweder-Oder gehen muss, sondern dass das, was sie als „grauen Grenzbereich“ zwischen beiden Ansätzen bezeichnet, sinnvoll kombiniert werden kann, wenn wir die Frage nach Qualität in der Bildung und ihren Ergebnissen stellen.

Freuen Sie sich auch auf David Markvart Kristensens Geschichte über ehemalige Mathematikerinnen, und lassen Sie sich im Beitrag über Kartentricks von der Magie der Spielkarten faszinieren.

Viel Spaß beim Lesen!

 

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