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Wachstum: Wenn Zahlen anwachsen

Wachstum ist Teil unseres Alltags. Wir erleben das Phänomen Wachstum in der physischen und in der biologischen Welt, und auch im politischen und gesellschaftlichen Diskurs wird oftmals von Wachstum gesprochen. Die Bedeutung von Wachstumsfunktionen zu verstehen, ist daher entscheidend, damit wir uns in unserer Außenwelt orientieren können.  In der Mathematik arbeitet man mit verschiedenen Wachstumsmodellen. Die beiden einfachsten sind lineares und exponentielles Wachstum. Dies sind zwei sehr unterschiedliche Wachstumsmodelle, wie das folgende Beispiel veranschaulicht. Wie wir wissen, hat ein Schachbrett 64 Felder. Stellen wir uns jetzt einmal vor, dass Du ein schönes Schachbrett hast, das Du verkaufen möchtest. Du bekommst zwei Angebote. Der Preis wird in beiden Fällen in 64 Schritten berechnet, entsprechend der Anzahl der Felder auf dem Schachbrett. Bei dem ersten Angebot basiert die Preisberechnung darauf, dass auf das erste Feld ein Cent gelegt wird, auf das nächste Feld zwei Cent, auf das nächste Feld drei Cent und so weiter. Bei jedem Feld wird jeweils ein Cent hinzugefügt. Der Preis ist dann der Betrag, der sich auf dem letzten Feld des Schachbretts befindet. Bei dem zweiten Angebot werden ein Cent auf das erste Feld, zwei Cent auf das zweite Feld, vier Cent aus das dritte Feld und so weiter gelegt. Der Betrag wird also bei jedem neuen Feld verdoppelt. Der Preis ist auch hier der Betrag, der sich auf dem letzten Feld des Schachbretts befindet. Es besteht kein Zweifel: Wer ein gutes Geschäft machen möchte, muss die zweite Art der Preisberechnung wählen. Der Unterschied ist in der Tat gewaltig. Bei der ersten Berechnung wird der Preis 64 Cent betragen, während er im zweiten Fall bei 18000000000000000000 Cent liegen wird – rechne selbst nach! Die erste Berechnung ist ein Beispiel für lineares oder arithmetisches Wachstum, bei dem etwas wächst, indem bei jedem Schritt ein bestimmter Wert (in diesem Fall eins) hinzugefügt wird. Die zweite Berechnung ist ein Beispiel für exponentielles oder geometrisches Wachstum, bei dem etwas wächst, indem jeder Schritt mit einem bestimmten Wert (in diesem Fall zwei) multipliziert wird.

Thomas Robert Malthus. Mezzotint von John Linnell, 1834. Credit: Wellcome Collection. CC BY

Thomas Robert Malthus (1766-1834), ein englischer Demograf und Ökonom, hatte diesen signifikanten Unterschied bereits 1798 festgestellt. In seinem Buch „An Essay on the Principle of Population“ beschrieb er die Theorie, dass die Bevölkerung exponentiell wachsen wird, während das Wachstum beim Nahrungsangebot lediglich linear sein wird. Malthus zufolge wird die Bevölkerung somit schneller wachsen als die Nahrungsmittelversorgung. Er empfahl daher, die Geburtenrate zu senken, indem das Alter für Eheschließung heraufgesetzt wird. Allerdings befürchtete Malthus negative Auswirkungen dieser Maßnahme in Form von außerehelichem Geschlechtsverkehr. Die Dinge entwickelten sich zwar anders, als von Malthus vorhergesagt, aber mehrere Ökonomen und der Biologe Charles Darwin ließen sich von seinen Überlegungen inspirieren. Malthus hat zudem als Erster den Fokus auf das Verhältnis zwischen dem Bevölkerungswachstum und den knappen Ressourcen der Erde gelegt – ein Verhältnis, das in Anbetracht der Klimakatastrophe nur umso relevanter geworden ist.

Es gibt sehr viele Beispiele für exponentielles Wachstum. Der Zinseszins ist ein gutes Beispiel dafür. Heutzutage ist der Zinssatz nicht sehr hoch, aber wenn eine 18-Jährige einen Betrag von 3000 Euro zu einem festen jährlichen Zinssatz von 4 % zurücklegen könnte, würde dieser Betrag bis zu ihrem 68. Lebensjahr auf 21.000 Euro anwachsen. Würde sie den gleichen Betrag erst im Alter von 30 Jahren zurücklegen, hätte sie daraus an ihrem 68. Geburtstag nur 13.000 Euro zur Verfügung. Die Anzahl von Transistoren, die ein elektronischer Chip aufnehmen kann, ist ein weiteres Beispiel. In den letzten Jahrzehnten hat sich diese Zahl ungefähr alle achtzehn Monate verdoppelt. Dieses Phänomen ist als Mooresches Gesetz bekannt. Dieser exponentielle Wachstumseffekt erklärt, warum riesige Computer innerhalb von rund 25 Jahren zu Smartphones werden konnten. Die Ausbreitung von Viren ist ebenfalls ein Beispiel für exponentielles Wachstum. Eine infizierte Person steckt einige wenige Personen an. Diese infizieren wiederum jeweils einige wenige Personen, bis plötzlich eine Epidemie ausgebrochen ist. Bei dem jüngsten Ebola-Ausbruch kam es beispielsweise nach einigen Wochen jeweils zu einer Verdoppelung der Infektionsrate.

Laut dem inzwischen verstorbenen Professor für Physik an der Universität von Colorado, Albert Bartlett, ist die Unfähigkeit des Menschen, exponentielles Wachstum zu verstehen, seine größte Unzulänglichkeit. Albert Bartlett hat durch seine Videos zu mathematischen Themen auf YouTube Berühmtheit erlangt. In diesem Video erfährst Du mehr über exponentielles Wachstum:

https://www.youtube.com/watch?v=kZA9Hnp3aV4

Mehr über Malthus erfährst du hier:​

An Essay on the Principle of Population von Thomas Robert Malthus: An Essay on the Principle of Population von Thomas Robert Malthus: ​https://www.econlib.org/library/Malthus/malPop.html

The man we love to hate: it’s time to reappraise Thomas Robert Malthus – Cambridge University: https://www.cam.ac.uk/research/news/the-man-we-love-to-hate-its-time-to-reappraise-thomas-robert-malthus

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